Wohnungskrise im Kreis – Zahlen, Realität und echte Lösungen

Seit meinem Beitrag vom 28. März (1) zur Einstufung Erftstadts als „angespannter Wohnungsmarkt“ hat sich eines leider nicht geändert: Die Krise spitzt sich weiter zu. Jetzt liegen neue Zahlen und Analysen auf dem Tisch, die unmissverständlich zeigen, wie ernst die Lage ist. Der Kölner Stadt-Anzeiger (2) berichtet von einem Anstieg der Wohnungslosigkeit im Rhein-Erft-Kreis um 255% seit 2020. Von damals 1.418 auf inzwischen 3.615 Menschen ohne festen Wohnsitz, davon 3.365 in Notunterkünften und 250 ganz ohne Dach über dem Kopf. Das ist kein Randproblem, das sind Familien, Alleinerziehende, ältere Menschen, Kinder. Menschen mitten unter uns.

Der SKM-Jahresbericht 2024 (3) unterfüttert diese Zahlen mit erschütternden Details. 2.662 Menschen suchten im vergangenen Jahr Hilfe bei der Wohnungsnotfallhilfe. In 1.402 dokumentierten Beratungen wurden Mietschulden, drohende Räumungen und Lebenskrisen bearbeitet, oft mit Erfolg: In vielen Fällen konnten Wohnungen gesichert und Obdachlosigkeit abgewendet werden. Doch so wichtig diese Arbeit ist, sie gleicht einem Kampf gegen Windmühlen. Steigende Mieten und fehlender bezahlbarer Wohnraum sorgen dafür, dass die Fallzahlen Jahr für Jahr wachsen. Und selbst bundesweite Programme wie „Gemeinsam für ein Zuhause“ werden laut SKM nicht ausreichen, um bis 2030 jeder wohnungslosen Person ein Angebot machen zu können.

Besonders deutlich wird die Dimension der Krise in Frechen: Mieten sind dort seit 2021 um 20 Prozent gestiegen, die Leerstandsquote liegt unter einem Prozent und über 60 Prozent der Sozialwohnungen werden bis 2030 aus der Preisbindung fallen. Der Markt allein wird das nicht regeln.

Aber es gibt Lichtblicke – eigentlich: Mit dem Projekt „Wohnen am Campus“ (4) entstehen in Erftstadt rund 500 neue Wohneinheiten in sehr prominenter Lage. Das ist ein wichtiges Signal. Aber man muss es ehrlich einordnen: Nur maximal 30% davon sind geförderte Wohnungen und der Schlüssel ist noch nicht offengelegt. 30% aller Wohneinheiten oder 30% aller Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern? Der Rest wird höchstwahrscheinlich zu Preisen angeboten werden, die sich viele Menschen schlicht nicht leisten können. Wer ernsthaft glaubt, damit allein die Krise zu lösen, verkennt die Realität.

Schon im März habe ich gesagt: Mietpreisbremse und Schutzverordnungen sind wichtige Pflaster, aber keine Heilung. Wir brauchen ein verbindliches, kommunales Wohnraumkonzept, das langfristig denkt und kurzfristig handlungsfähig ist. Wir müssen Bauland strategisch entwickeln, geförderten Wohnraum konsequent weit über die 30-Prozent-Marke hinaus priorisieren und Projekte wie „Zuhause!“ oder „STARK!“ dauerhaft sichern, statt sie von Förderperiode zu Förderperiode zu schleppen. Und wir müssen kreativ werden: „Wohnen für Hilfe“-Modelle, Zwischennutzungen und sozialverträgliche Baukonzepte könnten Teil einer Lösung sein, die dieser Krise gerecht wird.

Die nackten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. 255 Prozent mehr Wohnungslosigkeit in nur fünf Jahren. Das ist ein strukturelles Problem, das auf allen politischen Ebenen gelöst werden muss. Kommunen können sich nicht länger auf Land und Bund berufen, sondern müssen mutig vorangehen. Die Menschen im Rhein-Erft-Kreis brauchen mehr als schöne Versprechen, sie brauchen ein Zuhause.

(1) https://thommy-mewes.de/tacheles-von-thommy-06-erftstadt-in-der-wohnraumkrise/

(2) https://www.ksta.de/region/rhein-erft/frechen/frechen-so-alarmierend-sind-die-zahlen-der-wohnungskrise-in-frechen-und-im-kreis-1094336

(3) https://thommy-mewes.de/download/skm-wohnungsnotfallhilfe-2024/?wpdmdl=2470&masterkey=nHRtSxFmJFTcpfzqSrLRGRuckAYbOpRerfxmxZ43jit4MtXGM4F_acL76nh1Js3L6VII7NZ-eIV24yDBbRaIRX824qAMHUnOFGKmOym4wgE

(4) https://www.erftstadt.de/aktuelles/news/wohnen-am-campus-stadt-und-land-ziehen-an-einem-strang.php

Thommy Mewes
Datenschutz-Übersicht

Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.