EEG- und Bürgerstrom
Erftstadt steht, wie viele Kommunen in Deutschland, vor der Aufgabe, Klimaschutz, Wirtschaftsförderung und soziale Gerechtigkeit miteinander zu verbinden. Der Energiesektor nimmt hierbei eine Schlüsselrolle ein: Eine lokal verankerte und bürgerschaftlich getragene Energieversorgung, die auf erneuerbaren Quellen basiert, kann die Stadt in eine wirtschaftlich starke, sozial gerechte und ökologisch vorbildliche Zukunft führen.
Dieses Konzept ist darauf ausgelegt, alle Generationen, alle Stadtteile und alle gesellschaftlichen Gruppen mitzunehmen. Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Landwirtinnen und Landwirte, Vereine und kommunale Gremien – alle sollen davon profitieren, wenn Erftstadt seine Stromversorgung zunehmend selbst in die Hand nimmt.
Dabei geht es nicht nur um CO₂-Reduktion, sondern auch um regionale Wertschöpfung (wenn vor Ort investiert und verdient wird), unabhängigere Energieversorgung (weniger Anfälligkeit für externe Preis- und Versorgungsschwankungen) und gesellschaftlichen Zusammenhalt (wenn alle via Genossenschaft oder Beteiligungsmodellen teilhaben).
Hier finden Sie das komplette Konzept inkl. aller Quellenangaben zum Download als PDF-Datei.
Zusammenfassung
Erftstadt könnte bis 2034 80 % seines Strombedarfs durch lokale, erneuerbare Energien decken. Das fördert Klimaschutz, hält Wertschöpfung vor Ort und stärkt den sozialen Zusammenhalt.
Kernidee:
- Gründung „Erft-Energie eG“ – eine Bürgergenossenschaft, an der alle teilnehmen können (auch mit kleinen Beträgen).
- Ausbau von PV, Wind und Biomasse – um den Großteil unseres Stroms vor Ort zu erzeugen.
- Intelligente Vernetzung – mittels Speichern, Smart-Meter, Vehicle-to-Grid (V2G), damit Schwankungen abgefedert werden.
- Soziale Teilhabe – etwa über Mieterstrom, Balkonkraftwerke und einen möglichen Sozialtarif.
Maßnahmen im Überblick:
- Dachflächen für Solar: Schulen, öffentliche Gebäude und private Dächer für PV nutzen.
- Windkraft optimieren: Mögliches Repowering alter Anlagen, frühzeitige Bürgerbeteiligung, gerechte Standortwahl.
- Biomasse mit Reststoffen: Bioabfall und Grünschnitt in Strom und nutzbare Wärme umwandeln.
- Stabile Netze: Groß- und Heimspeicher, virtuelle Kraftwerke und E-Autos als flexible Speicher.
- Bürokratieabbau: Online-Portal, klare Prozesse, Förderberatung für private und gewerbliche Anlagen.
Finanzierung und Nutzen:
- Genossenschaftskapital und Förderprogramme (KfW, EU) verteilen Investitionsrisiken breit.
- Erträge aus Stromverkauf und Förderungen kommen über Dividenden, Mieterstrom und günstigere Tarife den Bürgerinnen und Bürgern zugute.
- Langfristig sinken die Stromkosten, da regionale Wertschöpfung in Erftstadt bleibt.
Zeitplan (Auszug):
- 2026: Start der Genossenschaft, erste Dach-Solar-Offensive, Bürgerforen.
- 2027: Freiflächen-PV, Ausbau Ladeinfrastruktur, 30 % Smart-Meter.
- 2028–29: Neue/repowerte Windräder, Großbatteriespeicher, Mieterstrommodelle.
- 2030-2034: 80 % lokaler Strom, 80–90 % Smart-Meter-Abdeckung, weitgehend autarke Stromversorgung.
Erwartete Effekte:
- Klimaschutz: Deutliche CO₂-Einsparung, Beitrag zu nationalen Klimazielen.
- Regionale Wertschöpfung: Lokale Handwerksaufträge, Arbeitsplätze, Mehreinnahmen für die Stadt.
- Soziale Gerechtigkeit: Jeder kann sich beteiligen (Mieter, Eigentümer, Kleinverdiener).
- Unabhängigkeit: Geringere Anfälligkeit für externe Energiepreise und Krisen.
Mit dieser Bürgerstromstrategie kann Erftstadt schnell und nachhaltig die Weichen für eine klimafreundliche Zukunft stellen, von der alle profitieren. Die Kombination aus professioneller Organisation, technologischer Innovation und breiter Bürgerbeteiligung macht die Ziele bis 2034 erreichbar.
1. Vision und Ziele
1.1 Vision: Erftstadt 2034
Wir wollen, dass Erftstadt im Jahr 2034 eine weitgehend autarke Stromversorgung aus erneuerbaren Energien besitzt. Konkret heißt das:
- Mehr als 80 % des Strombedarfs von Haushalten und Gewerbe wird lokal erzeugt.
- Bürgerinnen und Bürger, Gewerbetreibende und die Stadtverwaltung profitieren von günstigeren Tarifen und Dividenden aus gemeinschaftlich betriebenen Anlagen.
- Die Bevölkerung identifiziert sich mit den Projekten, weil sie finanziell und organisatorisch beteiligt ist.
- CO₂-Emissionen werden drastisch reduziert, sodass Erftstadt einen erheblichen Beitrag zu den Klimazielen leistet.
1.2 Warum jetzt handeln?
- Klimaschutz: Das Pariser Abkommen und nationale Klimaziele verpflichten Deutschland, zügig den CO₂-Ausstoß zu senken , . Kommunen spielen dabei eine Schlüsselrolle. Darüber hinaus verpflichtet uns auch das Grundgesetz: Artikel 20a GG schreibt den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen in Verantwortung für künftige Generationen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat diesen Schutzauftrag 2021 konkretisiert und den Staat zu wirksamen Klimaschutzmaßnahmen verpflichtet.
- Unabhängigkeit: Steigende Energiepreise und geopolitische Krisen verdeutlichen, dass eine eigenständige Versorgung Preis- und Versorgungssicherheit verbessert.
- Wirtschaftliche Chancen: Laut Experten fließen jährlich Milliardenbeträge ins Ausland, um fossile Energie zu importieren . Wer lokal investiert, hält die Wertschöpfung vor Ort.
- Soziale Verantwortung: Energiearmut ist ein wachsendes Problem. Durch lokale Erzeugung mit fairer Beteiligung kann diese sozial abgefedert werden (z.B. Sozialtarife, Genossenschaftsdividenden).
2. Gesamtstrategie und Erfolgsfaktoren
2.1 Vier Säulen der Strategie
Dieses Konzept fußt auf vier zentralen Säulen:
- Energiegenossenschaft „Erft-Energie eG“: Sie bündelt Kapital und Know-how, trägt Anlagenbau und -betrieb, schafft Bürgerteilhabe.
- Kommunale EEG-Erzeugung: Photovoltaik, Windkraft und Biomasse werden massiv ausgebaut – auf öffentlichen, privaten und landwirtschaftlichen Flächen.
- Smarte Integration: Batteriespeicher, virtuelle Kraftwerke, V2G-Ansätze und Smart-Meter-Rollout schaffen eine intelligente Energieinfrastruktur.
- Soziale Einbindung: Finanzielle Beteiligungsmodelle für alle Einkommensschichten, Informationskampagnen, Bildungsinitiativen – damit die Bürgerinnen und Bürger mitmachen und profitieren.
2.2 Erfolgsfaktoren
- Politische Kontinuität: Kommunaler Rückhalt im Stadtrat über mehrere Wahlperioden .
- Professionelle Organisation: Die Genossenschaft und die Verwaltung brauchen ausreichend Fachpersonal, um komplexe Projekte zu stemmen.
- Bürgernähe und Transparenz: Regelmäßige Foren, Online-Beteiligung, klare Darstellung von Kosten und Nutzen.
- Finanzierungsvielfalt: Kombination aus Genossenschaftsanteilen, Krediten (KfW, EU, Landesförderung) und ggf. städtischen Bürgschaften.
- Klare Zeitpläne und Monitoring: Scharfe Zieldefinition, regelmäßige Evaluierung, flexible Anpassung an rechtliche und marktliche Veränderungen.
2.3 Wirtschaftlichkeit und lokale Wertschöpfung (Kurzüberblick)
Wir streben an, das finanzielle Risiko für die Stadt zu minimieren und gleichzeitig attraktive Renditen für Beteiligte zu ermöglichen. Erste Erfahrungswerte aus ähnlichen Kommunen zeigen, dass Bürgerenergieprojekte Renditen von 2–6 % erwirtschaften können (je nach Förderprogramm und Marktumfeld). Für Erftstadt bedeutet dies:
- Initiale Investitionen können überwiegend durch KfW-Kredite und Genossenschaftskapital gestemmt werden.
- Eine Beteiligung der Stadt in Form von Bürgschaften oder Einlage von Dachflächen kann die Finanzierungskonditionen verbessern.
- Die lokale Wirtschaft (Handwerk, Zulieferer) profitiert direkt von Bau, Installation und Wartung.
- Es entstehen bzw. sichern sich zusätzliche Arbeitsplätze in den Bereichen Planung, Montage, Service und erneuerbare Energietechnik.
3. Die „Erft-Energie eG“ als Herzstück
3.1 Konzept und Gründung
Eine Energiegenossenschaft ist eine erprobte Rechtsform (Genossenschaftsgesetz), die Bürgerinnen, Bürger und Kommunen ermöglicht, gemeinsam zu investieren und Projekte zu betreiben. Als Erft-Energie eG wird sie in enger Abstimmung mit der Stadt Erftstadt gegründet.
Gründungsfahrplan:
- Zusammenarbeit mit der Stadt: Abstimmung in Planungs- und Genehmigungsverfahren, Integration ins städtische Klimaschutzkonzept.
- Grundsatzbeschluss im Stadtrat: Zustimmung zur Genossenschaftsgründung, Einbringung städtischer Flächen (z. B. Dächer), evtl. Startkapital oder Bürgschaften.
- Ausarbeitung einer Satzung: Festlegung von Geschäftszweck, Gremien, Mitbestimmungsrechten, Gewinnverwendung.
- Genossenschaftsverband: Prüfung und Freigabe der Satzung.
- Mitgliederwerbung: Öffentlichkeitskampagne, Infoabende, Genossenschaftsanteile (auch in Raten) zeichnen.
- Konstituierende Versammlung: Wahl von Vorstand und Aufsichtsrat.
3.2 Finanzierung und Struktur
- Eigenkapital aus Bürgerhand: Ziel ist es, mehrere hundert Mitglieder zu gewinnen (Bürgerinnen und Bürger, Gewerbe, Landwirte).
- Kredite: Ergänzend sind Bankdarlehen (z. B. KfW-Energieprogramme) oder EU-Gelder möglich.
- Städtische Unterstützung: Sachleistungen (Dachflächen, verwaltungsinterne Kompetenz), mögliche Bürgschaften.
Organigramm der Genossenschaft:
- Vorstand: Geschäftsführung, energiewirtschaftliche Fachleute.
- Aufsichtsrat: Kontrolle, diverse Stakeholder (Politik, Verwaltung, Bürgerinitiative, Wirtschaft).
- Fachabteilungen: Projektentwicklung, Technik, Finanzen, Marketing.
- Beirat (fakultativ): Beteiligung größerer lokaler Player (z. B. Kreis, benachbarte Kommunen) als beratendes Gremium.
3.3 Aufgaben der Erft-Energie eG
- Projektentwicklung: Identifikation geeigneter Standorte für PV, Wind, Biomasse; Beantragung von Genehmigungen; Ausschreibung von Bauleistungen.
- Betrieb und Wartung: Organisation von Wartungsverträgen, Versicherungen, Betriebsführung.
- Finanzierung und Administration: Verwaltung von Genossenschaftsanteilen, Ausschüttungen, Vertragswesen.
- Informations- und Bildungsarbeit: Zusammenarbeit mit Schulen, Vereinen, Bürgerforen.
- Zusammenarbeit mit der Stadt: Abstimmung in Planungs- und Genehmigungsverfahren, Integration ins städtische Klimaschutzkonzept.
4. Kommunale EEG-Erzeugung: Photovoltaik, Windkraft, Biomasse
Die konsequent lokale Erzeugung erneuerbaren Stroms ist das Kernanliegen. Erftstadt will:
- Solarenergie auf alle geeigneten Dächer und Freiflächen bringen,
- Windkraft an wirtschaftlich sinnvollen Standorten ausbauen (unter Einbezug aller Schutzbelange),
- Biomasse mit Reststoffnutzung (u. a. aus Bioabfällen, Grünschnitt) integrieren, um eine grundlastfähige Option zu haben.
4.1 Photovoltaik (PV)
4.1.1 Dachflächen – Das unterschätzte Potenzial
Ein Dachflächenkataster (basierend auf Satelliten- und Lidar-Daten) identifiziert alle Dächer, die für PV interessant sind . Die Stadt Erftstadt unterstützt Eigentümerinnen und Eigentümer bei Statik-Gutachten und Genehmigungen. Durch Solarkampagnen (Plakate, Infoveranstaltungen, Online-Portale) sollen Hausbesitzer motiviert werden, ihre Dachfläche an die Genossenschaft zu verpachten oder selbst zu bebauen.
4.1.2 Freiflächen-PV und Agri-PV
- Konversionsflächen (z. B. ehemalige Deponien, Brachland): Oft ideal, weil sie für andere Nutzungen wenig geeignet sind.
- Agri-PV: Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für beides – Anbau und PV. Somit kann die Flächenkonkurrenz gemildert werden und Landwirte haben einen zusätzlichen Einnahmestrom .
4.1.3 Finanzierungsmodelle und Bürgerbeteiligung
- Mieterstrom: In Mehrfamilienhäusern kann vor Ort erzeugter Solarstrom günstig an die Mieterinnen und Mieter abgegeben werden .
- PPAs (Power Purchase Agreements): Gewerbetreibende kaufen langfristig Solarstrom von der Genossenschaft. Beide Seiten profitieren von stabilen Preisen.
- Crowdinvesting: Ergänzend zur Genossenschaft kann auch eine Crowd-Finanzierung für bestimmte Solarparks aufgelegt werden. Bürgerinnen und Bürger werden damit indirekte Teilhaber.
4.2 Windkraft
4.2.1 Planung und Genehmigungsprozesse
Windenergie erfordert detaillierte Gutachten: Windhöffigkeit, Schall- und Schattenwurf, Naturschutz (insb. Artenschutz bei Vögeln und Fledermäusen). Kommunale Bebauungspläne müssen angepasst werden. In Abstimmung mit Land und Kreis können Vorranggebiete ausgewiesen werden .
Frühzeitige Bürgerdialoge sind entscheidend. Windenergieprojekte stoßen oft auf Skepsis bezüglich Landschaftsbild, Lärm etc. – Transparenz und Mitbestimmung (z. B. Standortauswahl, Ausgleichsmaßnahmen) verringern Widerstände.
4.2.2 Repowering statt Neubau?
Wenn bereits ältere Windanlagen existieren, kann ein Repowering (Ersatz durch leistungsstärkere Räder) wirtschaftlicher sein als ein Neubau an unerschlossenen Standorten. Moderne Windräder sind deutlich effizienter und können mit weniger Anlagen mehr Strom erzeugen . Gleichzeitig sinkt der Flächenbedarf pro kWh.
4.2.3 Rückkauf existierender Windräder?
Ein Rückkauf existierender Windräder bietet Erftstadt aktuell keinen eindeutig erkennbaren Vorteil. Die Stadt und ihre Bürgerinnen und Bürger können durch Beteiligungs- und Kooperationsmodelle meist kostengünstiger am Windenergieertrag partizipieren. Daher erscheint es zielführender, sich auf den Ausbau neuer Windräder oder das Repowering bestehender Anlagen zu konzentrieren – idealerweise mit fest verankerter Bürgerbeteiligung und aktiver Einbindung der Kommune in Planung und Betrieb.
4.2.4 Bürgerwind – Modell für Akzeptanz
Teilhabe-Modelle (Bürgerwindparks) bieten:
- Direkte Kapitalbeteiligung: Bewohnerinnen und Bewohner investieren und erhalten Renditen.
- Kommunaler Mehrwert: Ein Teil der Erträge fließt in Gemeindekassen bzw. Projekte vor Ort (z. B. Nahwärmeausbau, Dorfgemeinschaftshäuser).
- Verbindliche Anwohnerbeteiligung: In NRW gibt es bereits entsprechende Regelungen, die eine Mindestbeteiligung der Anwohnergemeinden an den Erlösen vorsehen.
4.3 Biomasse
4.3.1 Reststoffe als Schlüssel
Biomasse kann grundlastfähig Strom und Wärme bereitstellen – ohne großflächige Monokulturen, wenn Reststoffe (Bioabfall, Grünschnitt, landwirtschaftliche Nebenprodukte) zum Einsatz kommen. Die Kooperation mit der örtlichen Abfallwirtschaft und landwirtschaftlichen Betrieben ist essenziell.
Beispiel: In der Klimakommune Saerbeck werden Gärreste aus Biogasanlagen als Dünger genutzt, was den Kreislauf zwischen Landwirtschaft und Energieerzeugung schließt .
4.3.2 Wärmenutzung
Ein wichtiger Vorteil von Biogasanlagen ist die anfallende Abwärme, die in kommunale Wärmenetze eingespeist werden kann – eine ideale Ergänzung zu Wohnquartieren oder Gewerbebauten mit konstantem Wärmebedarf. So entsteht eine hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung, die das Klima entlastet und Kosten spart.
5. Speicherkonzepte und virtuelles Kraftwerk
5.1 Notwendigkeit von Speichern
Da Solar und Wind nur volatile Stromquellen sind, müssen wir Überschüsse zwischenspeichern oder ins Netz abgeben. Große Batteriespeicher können Lastspitzen abfedern. Kleinere Heimspeicher lassen sich via Vernetzung in ein virtuelles Kraftwerk integrieren. So wird Strom intelligent verteilt und netzdienlich eingesetzt.
5.2 Stationäre Großspeicher
Marktintegration: Überschüsse können am Spotmarkt verkauft oder im Regelenergiemarkt bereitgestellt werden .
- Standortwahl: Nähe zu Umspannwerken, Industriegelände (Brandschutz, Netzanbindung).
- Technologievergleich: Lithium-Ionen-Batterien sind heute Standard, Redox-Flow-Batterien punkten bei Langlebigkeit, Wasserstoffspeicher könnten mittelfristig interessant werden (Pilotprojekte in Deutschland laufen ).
- Finanzierung und Wirtschaftlichkeit: Einnahmen kommen aus Regelenergievermarktung (Bereitstellung von Primär- und Sekundärreserve) und Arbitragegewinnen (Stromverkauf bei hohen Preisen). Förderprogramme (z. B. BMWK, EU-Innovation-Funds) können Großteile der Anfangsinvestitionen abfedern .
5.3 Dezentrale Heimspeicher
Zahlreiche Einfamilienhäuser und Mehrfamilienhäuser installieren heutzutage PV-Batteriespeicher. Die Stadt Erftstadt und die Genossenschaft könnten:
- Technische Standards für „smarte“ Batteriespeicher empfehlen,
- Tarifliche Anreize bieten, indem z. B. Speicher-Kapazitäten dem virtuellen Kraftwerk zur Verfügung gestellt werden,
- Eine Plattform etablieren, die jeden Heimspeicher als „Knoten“ einbindet, um netzdienliche Leistungen zu koordinieren.
5.4 Virtuelles Kraftwerk
- Echtzeit-Daten: Einspeiseprognosen (Wetterdaten) und Lastprofile (Verbrauch) werden mithilfe von Software analysiert.
- Steuerung: Das virtuelle Kraftwerk entscheidet, wann Speicher be- oder entladen werden, wann Strom ins Netz geht oder an Ort und Stelle verbraucht wird.
- Marktintegration: Überschüsse können am Spotmarkt verkauft oder im Regelenergiemarkt bereitgestellt werden .
6. Förderung privater EEG-Anlagen und Bürokratieabbau
6.1 Informations- und Beratungsangebote
Eine Energie-Beratungsstelle (z. B. in Kooperation mit der Verbraucherzentrale, Handwerkskammer) hilft Bürgerinnen und Bürgern bei:
- Wirtschaftlichkeitsrechnungen für Dach-PV,
- Fragen zu Fördermitteln (KfW, Landesmittel),
- Steuerfragen (z. B. Nullsteuersatz für Kleinanlagen) .
Ziel: Hemmschwellen abbauen, damit private Haushalte schnell und einfach in EEG-Anlagen investieren können.
6.2 Kommunale Förderprogramme
- Zuschüsse für Mini-PV („Balkonkraftwerke“) bis 600–800 W, um Mieterinnen und Mietern einen einfachen Einstieg zu ermöglichen .
- Zusatzförderung für Speicher oder Wärmepumpen in Verbindung mit einer PV-Anlage.
6.3 Bürokratieabbau und Online-Portale
Die Stadt Erftstadt erstellt ein Online-Portal, wo:
- Anträge und Dokumente (z. B. Anmeldung bei Netzbetreiber, Registrierung im Marktstammdatenregister) automatisiert hinterlegt werden,
- Checklisten für PV-Installation heruntergeladen werden können,
- Installationsbetriebe eine zentrale Kontaktstelle finden.
Erfahrungen in anderen Kommunen zeigen, dass solche Plattformen Genehmigungsprozesse deutlich beschleunigen können .
7. Ladeinfrastruktur und Vehicle-to-Grid (V2G)
7.1 Öffentliche Ladepunkte
E-Mobilität ist wichtiger Bestandteil der Energiewende. Wir planen eine Bedarfsanalyse, um festzustellen, wo Schnellladeinfrastruktur (DC) und wo Normalladepunkte (AC) gebraucht werden – in Wohnquartieren, Gewerbezentren, Supermärkten, Freizeiteinrichtungen.
- Schrittweise Ausschreibungen: Die Stadt kann Flächen (Parkplätze, Straßenrand) vergeben, interessierte Betreiber (z. B. Erft-Energie eG oder regionale Versorger) errichten die Säulen.
- Technische Standards: Einheitliches Bezahlsystem, benutzerfreundliche Apps, Kompatibilität mit ISO 15118 (Plug & Charge) .
7.2 Private Wallboxen und Förderung
- Wallbox-Zuschüsse: Wie bereits in vielen Städten erfolgreich, könnten Förderungen (in Ergänzung zu KfW-Mitteln) die private E-Mobilität ankurbeln.
- Genehmigung in Mehrfamilienhäusern: Kommunale Unterstützung und Information, damit Wohnungseigentümergemeinschaften rasch zustimmen (BGB-Regelungen seit 2020 erleichtert) .
7.3 Vehicle-to-Grid (V2G)
Die bidirektionale Nutzung von E-Autos als mobile Stromspeicher ist in der Pilotphase. Technisch existieren bereits Lösungen (z. B. CHAdeMO, ISO 15118-20), rechtlich stehen wir aber noch am Anfang. Erftstadt plant:
- Pilotquartiere: Kooperation mit Flottenbetreibern (z. B. einem Pflegedienst oder Handwerksbetrieb), um V2G im kleineren Rahmen zu erproben.
- Tarifmodelle: Halterinnen und Halter bekommen finanzielle Vorteile, wenn sie Strom aus ihrem E-Auto zeitweise ins Netz einspeisen.
- IT-Integration: Das virtuelle Kraftwerk erkennt, wann E-Fahrzeuge Strom abgeben oder aufnehmen sollen, damit das Netz stabil bleibt .
8. Smart-Meter-Rollout
8.1 Planung und Durchführung
Die Bundesgesetzgebung verlangt bis spätestens 2030 den flächendeckenden Rollout intelligenter Messsysteme (Smart Meter) . Erftstadt wird dies frühzeitig angehen, um:
- Genauer zu messen, wann und wo Strom erzeugt/verbraucht wird,
- Dynamische Tarife zu ermöglichen,
- Für die Zukunft (V2G, virtuelles Kraftwerk) gerüstet zu sein.
Zusammen mit dem grundzuständigen Messstellenbetreiber wird ein genauer Rolloutplan erstellt (z. B. erst Gewerbe und Großverbraucher, dann Haushalte in Clustern). Die Stadt wirbt für den Mehrwert dieser Technik (z. B. verbrauchsnahe Abrechnung, Kostenkontrolle).
8.2 Vorteile für Bürgerinnen und Bürger
- Echtzeitdaten: Via App sehen, wie viel Strom der eigene Haushalt verbraucht, wann besonders viel eingespeist wird etc.
- Automatische Steuerung: Kühlgeräte, Waschmaschinen oder E-Ladezeiten können automatisch in Zeiten hoher Einspeisung verlegt werden, wenn der Strom günstiger ist.
- Kostenersparnis: Wer Verbrauch flexibel anpasst, profitiert von variablen Tarifen, bekommt evtl. Vergünstigungen bei netzdienlichem Verhalten.
9. Bürgerbeteiligung und soziale Integration
9.1 Mitgestaltung und Transparenz
- Bürgerforen: Mindestens zweimal pro Jahr in jedem Stadtteil, um Projektpläne vorzustellen, Feedback einzuholen und Ängste abzubauen.
- Online-Beteiligungsplattform: Laufende Umfragen, Ideenaustausch, Projekt-Tracking.
- Workshops: Spezifische Zielgruppen (Seniorinnen und Senioren, Vereine, Gewerbe) erhalten maßgeschneiderte Infoangebote.
9.2 Finanzielle Teilhabe
- Genossenschaftsanteile: Kleine Beträge (z. B. 100 €) als Einstieg, Ratenmodelle für Geringverdiener.
- Mieterstrom: Spezielle Vertragsmodelle, bei denen Mieterinnen und Mieter günstigen Solarstrom vom eigenen Hausdach beziehen.
- Balkonkraftwerke: Zusätzliche Förderung für kleine Steckersolargeräte, um gerade Mieterinnen und Mieter zu empowern.
9.3 Soziale Tarifmodelle und Energiearmut
Ein Sozialtarif kann über Quersubventionierung innerhalb der Genossenschaft finanziert werden (ein Teil der Renditen aus größeren EE-Anlagen subventioniert Haushalte, die sonst Probleme mit hohen Stromkosten hätten). Beispiele aus anderen Städten zeigen, dass dies machbar ist, solange transparente Regeln und ein gerechter Verteilungsmechanismus bestehen .
10. Monitoring, Risikomanagement und Qualitätssicherung
10.1 Monitoringkonzept
- Beispielhafte Kernkennzahlen: Installierte Leistung (PV, Wind, Biomasse), Stromerzeugung vs. Verbrauch, CO₂-Einsparung, Zahl der Genossenschaftsmitglieder, Stromtarifniveau im Vergleich zum Bundesdurchschnitt.
- Jährlicher „Energiebericht Erftstadt“: Veröffentlichung aller Daten, Erfolgs- und Problemfelder, Budgetentwicklung, Fortschritt bei Pilotprojekten (Speicher, V2G).
- Öffentliche Debatte: Vorstellung des Berichts im Stadtrat, Diskussion über evtl. Kurskorrekturen. Bürgerinnen und Bürger können Feedback geben.
10.2 Risikomanagement
- Externe Faktoren: Änderungen im EEG, Strommarktpreise, Zinsentwicklung, Materialknappheit für PV-Module oder Speicher.
- Organisationale Risiken: Engpässe beim Ausbau, Personalmangel in Verwaltung/Genossenschaft.
- Technische Risiken: Ausfälle von Windrädern oder großen Solaranlagen, Probleme mit Batteriespeicher.
- Für jedes Risikoszenario erarbeitet die Erft-Energie eG zusammen mit der Stadt Notfallpläne. Dazu gehört eine Rückversicherung (z. B. Betriebshaftpflicht, Rücklagenbildung).
10.3 Qualitätssicherung
- Zertifizierte Komponenten: PV- und Windkraftanlagen müssen Normen (z. B. IEC, DIN) erfüllen, bei der Montage sind lokale Fachbetriebe einzusetzen.
- Regelmäßige Wartung: Verträge mit lokalen Handwerks- und Servicedienstleistern.
- Fortlaufende Schulungen: Technik-Workshops für Genossenschaftsmitglieder, Personal in der Verwaltung (z. B. Klimaschutzmanagement).
11. Best-Practice-Beispiele
11.1 Saerbeck (NRW)
Eine 7.000-Einwohner-Gemeinde, die einen Bioenergiepark auf einem alten Munitionsdepot errichtet hat. Mittlerweile erzeugt Saerbeck 2,5-mal mehr Strom, als sie verbraucht. Rund 400 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich über eine Energiegenossenschaft an Windrädern und PV-Freiflächenanlagen. Erträge fließen zurück an die Genossenschaft, was die Akzeptanz stark erhöht.
11.2 Wolfhagen (Hessen)
Die Kommune Wolfhagen (14.000 Einw.) beschloss 2008, 100 % erneuerbar zu werden. Eine Bürgergenossenschaft erwarb 25 % der städtischen Energiegesellschaft. Zusammen entstand ein Windpark, der alle Haushalte mit Strom versorgt. Die Bürgerinnen und Bürger erzielen jährlich Dividenden von ~3 %. Dieses Modell zeigt, wie eine enge Verzahnung von Stadtwerken und Bürgern funktioniert .
11.3 Feldheim (Brandenburg)
Ein Dorf, das sich autark selbst mit Strom und Wärme versorgt, indem es eigene Netze betreibt. Die Bürger haben Genossenschaftsanteile für den Netzausbau gezeichnet. Dank lokaler Windparks, Biogasanlagen und eines Batteriespeichers sind die Stromkosten deutlich günstiger als im Umland .
12. Etappenziele und Fahrplan (2026-2034)
Um die Vision konkret umzusetzen, folgt ein Phasenplan:
2026 – Kurzfristig
- Gründung „Erft-Energie eG“ (min. 300 Mitglieder)
- Start Dach-Solar-Offensive (Beteiligung städtischer Gebäude, Kampagne für private Dächer)
- Einführen erster Bürgerforen und Online-Plattform für Beteiligung
- Stadtratsbeschluss zu Förderprogrammen (Mini-PV, Smart-Meter)
Verantwortlich: Stadt (Ratsbeschluss), Genossenschafts-Vorstand, Klimaschutzmanager, lokaler Netzbetreiber
2027 – Mittelfristig
- Eröffnung erster Freiflächen-PV-Anlagen (ggf. Konversionsflächen)
- Smart-Meter-Rollout bei mind. 30 % der Haushalte
- Ausbau öffentlicher Ladeinfrastruktur (AC und DC), Pilotprojekt V2G
- Start Online-Portal für vereinfachte EEG-Anmeldung und Förderanträge
Verantwortlich: Genossenschaft (Invest.), Stadtplanungsamt, Netzbetreiber, Handwerksbetriebe
2028 – 2028
- Inbetriebnahme erster oder repowerter Windkraftanlagen
- Installieren Großbatteriespeicher nahe Umspannwerk
- Umsetzung Mieterstrom-Modelle mit örtlichen Wohnungsbaugesellschaften
- Halbzeitkontrolle: mind. 50 % EE-Anteil am Stromverbrauch
Verantwortlich: Genossenschaft, Stadt, Investoren, Landwirte
2030 – 2034
- 80 % Autarkie-Ziel: Lokale EE decken Großteil des Strombedarfs
- Mind. 80–90 % Smart-Meter-Abdeckung
- Stabiler Betrieb des virtuellen Kraftwerks (PV, Wind, Biomasse, Speicher, V2G)
- Sozialtarif etabliert; hohe Bürgerbeteiligung (≥ 20 % der Einwohner)
Verantwortlich: Stadt (Klimaschutzbüro), Genossenschaft, Bürgerinitiativen, Stadtrat
Anmerkung: Die Zeitpläne sind ambitioniert und setzen voraus, dass genehmigungsrechtliche Hürden rasch geklärt und Förderanträge zügig gestellt werden. Die genauen Zeitpunkte können sich je nach politischer, finanzieller oder rechtlicher Lage verschieben.
13. Gesamtwirkung und Schlussfolgerung
Eine lokale, erneuerbare und bürgerorientierte Energieversorgung hat weitreichende, positive Effekte für Erftstadt:
- Klimaschutz: Massive CO₂-Einsparungen durch den Ersatz fossiler Stromerzeugung.
- Regionaler Wohlstand: Handwerksbetriebe, Zulieferer und Dienstleister profitieren von Investitionsprojekten; Gewerbesteuereinnahmen können steigen.
- Günstiger Strom: Durch lokale Erzeugung und Genossenschaftsdividenden sinken langfristig die effektiven Stromkosten für Bürgerinnen und Bürger .
- Energieunabhängigkeit: Weniger Schwankungen bei externen Energiepreisen, höhere Versorgungssicherheit.
- Sozialer Zusammenhalt: Teilhabe-Modelle wie Genossenschaftsanteile, Mieterstrom und Energiegutscheine stärken das Gemeinschaftsgefühl.
Politische Kontinuität und langfristige Planung
Die Umsetzung dieser Strategie bedarf mehrerer Jahre und wird mehrere Wahlperioden umfassen. Es ist zentral, dass alle politischen Fraktionen die Grundprinzipien (lokale EE-Erzeugung, Bürgerbeteiligung, sozialer Ausgleich) mittragen, damit kein Bruch in der Projektkontinuität entsteht.
Die Stadt sollte dafür Sorge tragen, die Ressourcen (Personal, Budget, externes Fachwissen) bereitzustellen, um das Programm zu steuern. Ein oder mehrere Klimaschutzmanagerinnen oder -manager in der Verwaltung könnten die Koordination übernehmen und eng mit der Erft-Energie eG zusammenarbeiten.
Schlussworte
Dieses ausführliche Konzept zeigt, dass Erftstadt mit einer entschlossenen, bürgernahen EEG-Strategie in den kommenden 5–10 Jahren enorme Fortschritte Richtung Klimaneutralität, Energieunabhängigkeit und sozialer Gerechtigkeit erzielen kann. Der Schlüssel liegt in einer funktionierenden Energiegenossenschaft, die schnell und professionell Projekte umsetzt, verbunden mit Bildungsarbeit und sozialer Teilhabe für alle Bürgerinnen und Bürger.
Wir können durch den gemeinsamen Ausbau von Solardächern, Windparks, Biogasanlagen und neuen Speicherlösungen dauerhaft günstige Strompreise sichern und neue Wertschöpfung in Erftstadt halten. Damit schaffen wir Arbeitsplätze, Innovation und einen Vorbildcharakter über die Stadtgrenzen hinaus.
Die Vision von 80 % lokaler Stromerzeugung bis 2030 ist ambitioniert, aber mit politischem Rückhalt, professionellem Management und einer aktiven Bürgerschaft durchaus realistisch.