Ein ehrliches Wort zur Personal- und Führungssituation
Liebe Erftstädterinnen und Erftstädter,
ich möchte heute gerne meinen Standpunkt zur aktuellen Personalsituation in der Stadtverwaltung mit Ihnen teilen, da in den letzten Wochen und Monaten die Diskussionen über die Performance unserer Verwaltung stark zugenommen haben und viele Bürgerinnen und Bürger Kritik und Unzufriedenheit äußern.
Es ist an der Zeit, einige Fakten zu präsentieren und mögliche Ursachen sowie Verantwortlichkeiten ganz klar zu benennen.
Der Krankenstand in unserer Verwaltung liegt derzeit bei einem extrem hohen Wert, in dem auch viele Langzeiterkrankungen enthalten sind. Die aktuellen Zahlen sind leider nicht-öffentlich, aber die Rede unserer Bürgermeisterin anlässlich der Einbringung des Doppelhaushaltes vom 27.02.2025 (1) enthält die folgende Aussage: „13% der 630 Stellen sind nicht besetzt. Über 20% der rund 860 Beschäftigten sind langzeiterkrankt.“ Die öffentliche Niederschrift des Hauptausschusses (2) lässt ebenso einige Rückschlüsse zu.
Dies ist ein alarmierender Zustand, der dringend einer gründlichen Analyse bedarf. Ein Krankenstand in dieser Größenordnung ist ein deutlicher Indikator für ernsthafte strukturelle Probleme innerhalb der Verwaltung. Zum Vergleich: Der Krankenstand der Mitglieder der gesetzlichen Krankenkassen lag im ersten Quartal 2024 bei ca. 6,8% – und hier sind nicht „nur“ die Langzeiterkrankungen enthalten (3).
Zusätzlich ist eine nur schleichende Nachbesetzung offener Vakanzen zu beobachten. Obwohl viele Stellen eingeplant sind bleiben diese unbesetzt, was die Belastung der vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weiter erhöht und zu zusätzlicher Frustration führt. Auch die Personalfluktuation kristallisiert sich zunehmend als Problem heraus. Hohe Fluktuationsraten deuten auf Unzufriedenheit und schlechte Arbeitsbedingungen hin (4).
In aller Deutlichkeit: In der freien Wirtschaft würde dieser Krankenstand und die Fluktuationsrate alle Alarmglocken aufheulen lassen. Unternehmen, die mit solch hohen Krankheits- und Fluktuationsraten konfrontiert sind, reagieren umgehend mit umfassenden Maßnahmen. Dazu gehören detaillierte Ursachenanalysen, die Einleitung von Gesundheitsprogrammen und in der Regel auch strukturelle Veränderungen in der Führung und Organisation, um die Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen und die Effizienz zu steigern.
In bereits erwähnter Rede hat Frau Weitzel (mutmaßlich) Konfuzius zitiert: „Wenn Sturm aufkommt, suchen die einen Schutz, die anderen bauen Windmühlen.“ Leider scheint zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht einmal ein Fundament für auch nur eine einzige Windmühle errichtet worden zu sein.
Die Analyse des IMAKA-Instituts hat anscheinend – die Ergebnisse sind leider auch nicht-öffentlich – mehrere zentrale Ursachen identifiziert, die zum hohen Krankenstand, zur hohen Personalfluktuation und zur allgemeinen Unzufriedenheit in der Verwaltung beitragen (5, 6):
1. Arbeitskultur: Eine demotivierende Arbeitsumgebung und fehlende Wertschätzung tragen maßgeblich zur Unzufriedenheit der Angestellten bei. Wenn Mitarbeitende das Gefühl haben, dass ihre Arbeit nicht anerkannt wird und ihre Bedürfnisse nicht ernst genommen werden, sinkt ihre Motivation und ihre Gesundheit leidet.
2. Organisatorische Ineffizienz: Die Struktur der Verwaltung ist überladen. Die übermäßig hohe Anzahl an Ausschüssen, Beiräten und sachkundigen Bürgerinnen und Bürgern führt zu einer zusätzlichen Arbeitsbelastung für die Verwaltung. Die Bürokratie ist schwerfällig, und viele Prozesse sind unnötig kompliziert und zeitaufwendig.
3. Mangelnde Umsetzung von Maßnahmen: Trotz der klaren Empfehlungen aus der IMAKA-Analyse wurden anscheinend viele der vorgeschlagenen Maßnahmen nicht umgesetzt.
Dies führt zu dem offensichtlich größten Problem, der Führung: Es herrscht ein Mangel an klarer und konsequenter Führung. Die Hauptverantwortung dafür liegt bei der Verwaltungsspitze, insbesondere bei der Bürgermeisterin. Trotz der klaren Empfehlungen und der dringenden Notwendigkeit zur Umsetzung von Maßnahmen, wurden bislang keine ausreichenden Schritte unternommen, um die Situation zu verbessern.
Es ist mir wichtig zu betonen, dass die Kritik nicht den engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung gilt, die unter diesen schwierigen Bedingungen ihr Bestes geben. Die Verantwortung für die strukturellen Probleme liegt bei der Führung, die es versäumt hat, rechtzeitig die notwendigen Änderungen vorzunehmen.
Um die Personalsituation nachhaltig zu verbessern, sind meines Erachtens folgenden Maßnahmen erforderlich:
1. Stärkung der Führungskompetenzen: Um die Führungskompetenzen zu stärken, sollten regelmäßige Schulungen und Fortbildungen für Führungskräfte eingeführt werden. Studien zeigen, dass eine klare und motivierende Führung durch regelmäßige Schulungen und Fortbildungen der Führungskräfte erreicht werden kann (7, 8, 9).
2. Verbesserung der Arbeitskultur: Allgemein anerkannten Prinzipien der Organisationspsychologie bestätigen, dass Initiativen zur Schaffung eines wertschätzenden und unterstützenden Arbeitsumfeldes Priorität haben müssen.
3. Reduzierung der Gremientermine: Die Anzahl an Terminen, an denen Ausschüssen und Beiräten tagen, muss auf ein notwendiges Maß reduziert werden.
4. Förderung der Mitarbeitergesundheit: Gesundheitsfördernde Maßnahmen wie regelmäßige Gesundheitschecks, die Einrichtung eines betrieblichen Gesundheitsmanagements und die Unterstützung von Sport- und Entspannungsprogrammen sollten eingeführt werden, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Mitarbeiter zu fördern (10).
Ich hoffe, dass diese Stellungnahme zu einer breiten Auseinandersetzung mit den Problemen führt und gemeinsam Lösungen entwickelt werden, um unsere Stadtverwaltung handlungs- und zukunftsfähig zu machen.
Quellen:
(1) https://www.erftstadt.de/haushalt/Haushaltsrede-Buergermeisterin-Carolin-Weitzel.pdf
(4) https://www.personio.de/hr-lexikon/fluktuation-von-mitarbeitern/
(7) https://online.maryville.edu/blog/importance-of-training-and-development/
(8) https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-642-31052-2_20
(9) https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-38372-5_9
(10) https://www.bundesgesundheitsministerium.de/themen/praevention/betriebliche-gesundheitsfoerderung/